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Studierende auf die Textsorten des beruflichen Lebens vorbereiten

17. November 2006

Liebe Leserinnen und Leser,

auf der Tagung des Schweizer Forums für wissenschaftliches Schreiben im Juni 2006 hatte ich den Vorschlag unterbreitet, im Rahmen einer Special Interest Group (SIG) des Forums über die Entwicklung eines studienbegleitenden Schreibcurriculums für die Lehrerausbildung nachzudenken. Ich würde mich freuen, wenn Lehrende an Hochschulen, Lehrpersonen an Schulen und Studierende zu meinen Vorschlägen (siehe Anhang) auf diesem Weblog ins Gespräch kämen.

Mit freundlichen Grüßen aus Freiburg,

Gerd Bräuer

braeuerschreibcurriculum.pdf

Allgemein, SIG Schreibcurriculum |
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9 Kommentare zu “Studierende auf die Textsorten des beruflichen Lebens vorbereiten”

  1. 01

    Ich begrüsse diesen Vorschlag sehr, nicht zuletzt auf dem Hintergrund, dass zum Teil an pädagogischen Hochschulen demnächst neue Rahmenlehrpläne erstellt werden.

    Ein Schreibcurriculum dieser Art erhält seine Berechtigung nicht nur durch die gestiegenen Anforderungen, sondern auch dadurch, dass sich Lehrpersonen den Herausforderungen einer «doppelten Literalität» gegenüber sehen. So müssen sie, um Schüler und Schülerinnen beraten zu können, eben nicht nur über schreibdidaktische Kenntnisse verfügen, sondern selbst auch wichtige Schreiberfahrungen gemacht haben.

    Ein studienbegleitendes Schreibcurriculum hätte darüber hinaus den Vorteil, dass alle Studierenden von Anfang an «erfasst» würden. Es wäre dann zu überlegen, ob allenfalls auf Sprach- bzw. Schreibkompetenzabklärungen verzichtet werden könnte (diese Abklärungen werden ja hauptsächlich eingesetzt, um den Studierenden, die über wenig ausgebaute Schreibfähigkeiten verfügen, möglichst früh Förderangebote zur Verfügung stellen zu können).

    Sturm am 28. November 2006 um 16:10

  2. 02

    Ich finde den Vorschlag auch prima, habe aber als Studentin die Erfahrung gemacht, dass Hausarbeiten schon früher als im 5./6. Semester geschrieben werden müssen. Deswegen folgender Vorschlag:

    1. Semester: Einführung in das wissenschaftliche Schreiben

    2. Semester: Schreiben in journalistischen und kreativen Genres

    3./4. Semester: Schreiben in einer Spezialdisziplin.

    Dadurch würden alle Bausteine zu Schreib-Curriculum etwas vorgezogen und könnten zum richtigen Zeitpunkt wirke.

    Sabine am 4. Dezember 2006 um 11:56

  3. 03

    Vielen Dank für die ersten beiden Kommentare. Auch wenn ich mit der von Frau Sturm erwähnten Schreibkompetenzabklärung an Schweizer Hochschulen nicht vertraut bin, so nehme ich an, dass dieser Aspekt der Kompetenzerfassung durch das von mir im Schreibcurriculum vorgeschlagene E-Portfolio mit übernommen werden könnte. Im E-Portfolio würden standardisierte Tests absichern, dass bestimmte Grundkompetenzen durch die Lehrenden und die Studierenden unaufwändig erfasst werden könnten.

    Dankbar bin ich auch für den Hinweis von Sabine (2. Kommentar) zur Terminisierung der Bausteine des Schreibcurriculums: Ihre Vorschläge weitergedacht, ergibt sich für mich jetzt folgende Chronologie:

    1. Semester: Einführung in das wissenschaftliche Schreiben

    2./3. Semester: Schreiben in journalistischen und kreativen Genres (Hierfür möchte ich mehr als nur ein Semester einräumen, sodass interessierte Studierende ohne organisatorische Probleme auch zwei verschiedene Kurse belegen könnten.)

    3./4. Semester: Schreiben in einer Spezialdisziplin (Hierzu möchte ich nach einem weiteren Hnweis von Studierenden der PH Freiburg nun auch Workshops zählen, die in die speziellen Textsorten der Prüfungen einführen.)

    5./6. Semester: Textsorten des erweiterten Berufsfeldes (u.a. Gutachten, Elternbrief, Newsletter, Drittmittelanträge)

    Gerd Bräuer am 4. Dezember 2006 um 17:34

  4. 04

    Ihr Vorschlag des Schreibcurriculums in Form von Workshops gefällt mir sehr gut und er scheint mir gut umsetzbar. Jedoch würde ich die Workshops semesterunabhängig anbieten, damit jeder sich dort vertiefen kann, wo er noch Bedarf sieht.

    leonieke am 6. Dezember 2006 um 17:49

  5. 05

    Die Idee ein studienbegleitetes Schreibcurriculum bei der Lehrerausbildung zu führen, finde ich sehr sinnvoll und nützlich. Denn durch das eigene Schreibhandeln wird das Sprachbewusstsein entwickelt und nur so kann die Kompetenz des “Lehrenden” und “Beratenden” zu tragen kommen.

    sbob am 9. Dezember 2006 um 14:56

  6. 06

    Nach meiner Erfahrung ist es sehr sinnvoll, die Einführung in das wissenschaftliche Schreiben bereits im 1. Semester für alle anzubieten: Fast alle, die einen solchen Kurs oder Workshop erst kurz vor der Diplomarbeit besuchten, waren dann der Auffassung, dass sie viel früher hätten kommen sollen. Eine kleine Umfrage unter meinen Studierenden ergab, dass sie es befürworten würden, wenn er obligatorisch für alle Studierenden im 1. Semester wäre.

    Afra Sturm am 10. Dezember 2006 um 17:49

  7. 07

    Die Aussicht auf ein studienbegleitendes Schreib-Curriculum dünkt mich sehr spannend. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man es nicht zwingend auf Pädagogische Studiengänge beschränken sollte.

    An der PH Zug sind die Einführung in das wissenschaftliche Schreiben und das Portfolio bereits Bestandteile der Ausbildung.

    Die Bausteine in ihrer Gesamtheit wären nicht nur eine Bereicherung für die persönliche und berufliche Entwicklung von angehenden Lehrpersonen, sondern auch von Studenten in anderen Fachbereichen.

    tina am 14. Dezember 2006 um 16:04

  8. 08

    Vielen Dank für die Kommentare 4-7, die ebenfalls wichtige Hinweise für die weitere Entwicklung des Schreibcurriculums geben. Ich möchte kurz auf diese Hinweise eingehen:

    Zu Afra Sturms Umfrageergebnissen in Kommentar 4:

    Auch an der PH Freiburg haben mehrere Gesprächsrunden mit Studierenden gezeigt, dass der Bedarf für einen Einführungskurs in das wissenschaftliche Schreiben von den Betroffenen selbst klar erkannt wird.

    Hier sollten Lehrende und Institutionen endlich auch Taten folgen lassen, so wie es offensichtlich an der PH Zug bereits geschehen ist (vgl. Tinas Kommentar 7).

    Allerdings möchte ich dieser Stelle noch einmal dick unterstreichen, dass es mit einem Einführungskurs zum Studienbeginn allein nicht getan ist. Langzeitstudien (u.a. Herrington/Curtis 2000) machen deutlich, dass das in einem solchen Kurs Gelernte schnell wieder in Vergessenheit gerät, wenn es nicht durch eine entsprechende Schreibpraxis während des gesamten Studiums immer wieder geübt und anhand der steigenden Anforderungen der Fachausbildung (und fachspezifischen Textsorten) weiter vertieft wird.

    Die Forderung von Tina (Kommentar 7), Schreibkurse für alle Studienrichtungen einzurichten, kann ich nur unterstützen. Allerdings entsteht bei zukünftigen Lehrpersonen eben ein doppelter Bedarf, nämlich, über die Profilierung der eigenen Schreibpraxis hinaus, didaktisches Wissen und Können zur Vermittlung von Schreibfähigkeit an die späteren Schüler/innen zu generieren.

    Abschließend noch kurz zu Leoniekes Vorschlag (Kommentar 4), die Schreibworkshops semesterunabhängig anzubieten, sodass die Teilnahme besser an den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Studierenden ausgerichtet werden kann: Ich stimme diesem Vorschlag sofort zu, wenn es darum geht, Studierenden die Möglichkeiut einzuräumen, bestimmte Kurse zu wiederholen, um sich selbst gezielt zu fördern bzw. individuellen Neigungen nachzugehen.

    Allerdings sollte m. E. die Erstbelegung der Kurse in der vorgeschlagenen Chronologie verbindlich sein, um zu garantieren, dass das mit steigender Semesterzahl komplexer werdende Fachwissen auch tatsächlich SCHREIBEND angeeignet wird. Hier geht es mir eben nicht nur um die Aneignung bestimmter technischer Fertigkeiten beim Schreiben, sondern um die Förderung spezieller intellektueller Fähigkeiten durch das Schreiben in der jeweiligen Ausbildungsdisziplin (Stichwort “schreibend lernen”).

    Aber vielleicht gibt es ja unterschiedliche Meinungen zu dieser erweiterten Sicht auf die Funktion des Schreibens im Studium?

    Gerd Bräuer am 15. Dezember 2006 um 09:43

  9. 09

    Ich bin der Meinung, dass der Schreibberatung im Hochschulalltag, vor allem an einer PH, mehr Wichtigkeit zugeschrieben werden muss. Für mich wäre daher eine notwendige Konsequenz, die Workshops obligatorisch zu machen und zwar für Studierenden aller Semester.

    Durch die Veränderung des Status von fakultativ zu obligatorisch wäre es möglich, die Schreibberatung besser in die Ausbildung zur Lehrperson einzubauen und die Ausbildungseinheiten nicht nur auf fünf Workshops jeweils Freitags und Samstags zu minimieren. Dies würde ein gewisses Maß an Entlastung für die Studierenden mit sich bringen.

    Wenn die Ausbildungseinheiten jeweils auf das ganze Studienjahr verteilt werden würden, wäre eher gewährleistet, dass man schreibend lernt und sich nicht bloß Strategien in den Kopf hämmert, diese aber nie anwendet.

    Carla Kempf am 16. Dezember 2006 um 17:09

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