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Wissenschaftliches Schreiben

Otto Kruse

8. Juni 2006 

Wissenschaftliches Schreiben ist Informieren, Dokumentieren, Argumentieren und Kommunizieren in einem. Es ist eine grundlegende Tätigkeit, die alle wissenschaftlich Arbeitenden verbindet. Niemand kommt ohne Schreiben und Publizieren aus. Schreiben ist eine Art des Lernens und des Erkundens von Themenbereichen aber auch des Zusammenschreibens von Forschungsergebnissen. Schreiben wirkt auch als Sozialisation in eine wissenschaftliche Gemeinschaft, deren Mitglied nur werden kann, wer ihre Kommunikations- und Publikationsnormen erfüllt. Wissenschaftliche Gemeinschaften definieren sich unter anderem über ihre Sprache. Was gegen ihre Sprachnormen verstösst, strafen sie durch Nichtbeachtung.

Studierende und Doktoranden lernen durch das Schreiben. Seminaristischer Unterricht ist das Musterbeispiel von schreibendem, erkundendem Lernen. Weder eLearning noch Internet machen Studierende selbständig im Denken. Kritisches Denken zu lernen erfordert, sich selbst mit den Gegenständen des Fachs ins Benehmen zu setzen. Wissen aus der Literatur entnehmen, eine eigene Fragestellung finden, selbst Daten erheben und das neu gefundene Wissen mit dem bereits vorhandenen Wissen in Beziehung setzen – das fördert kritisches Denken. Wissenschaftliches Schreiben ist das, was Studierende am nachhaltigsten zu selbständigem Denken anregt, aber es ist auch eine Form der Lehre, die viel Betreuung braucht. Neue didaktische Vorgehensweisen sind gefragt, um das studentische Schreiben zu erleichtern. Neue Formen des Peer-Feedbacks müssen eingeführt, neue Unterstützungsarten wie Schreibzentren müssen ins Leben gerufen werden. Schreiben ist nicht ein kleines Nebenkapitel der Wissenschaften, es ist Zentrum der Sinnproduktion und natürlich Zentrum der Wissenschaftskommunikation.

Wissenschaftliches Schreiben wird vielfältiger. Eherne Normen weichen derzeit auf, Populärwissenschaftliches Schreiben wird zur Pflicht. Nicht nur andere Fachleute, auch Laien, Nutzer, Praktiker, Interessierte und zufällige Netzsurfer wollen informiert werden. Das verlangt vielfältigere Fähigkeiten zur Textproduktion, tieferes Textverständnis, Rollenwechsel als Kommunizierende/r. Die Zukunft ist absehbar: Wissenschaft soll unterhaltend werden, muss verkäuflich sein, neue Zielgruppen für Weiterbildung, Dienstleistung sind zu erschliessen, Kinder kommen an die Uni, die Jugend forscht, alles will ins Internet. Die Welt der Texte wird vielfältiger, die Kompetenzen der Schreibenden müssen es auch werden.

Die Zeitschrift Schreiben hat sich dem wissenschaftlichen Schreiben verschreiben. Es zu untersuchen, methodisch zu erschliessen und didaktisch anzuleiten ist ihr Ziel.